Umwelt

Pflanzen, die das Feuer brauchen
Nicht nur der Mensch, auch manche Pflanzen haben gelernt, mit Feuer umzugehen. Sogenannte Pyrophyten sind Pflanzen, die sich an Feuer angepasst haben. Wie nutzen sie die Hitze für ihre Fortpflanzung und welche Unterschiede gibt es zu Waldbränden, bei denen ganze Bestände von Pflanzen ausgelöscht werden?

Was sind Pyrophyten?
Pyrophyten sind Pflanzen, die sich an regelmäßige Brände in ihrem Lebensraum angepasst haben. Sie nutzen es z. B. für die Samenverbreitung. Eine ihrer Fähigkeiten ist, sich nach einem Feuer schnell erholen zu können. Pyrophyten kommen oft in Savannen oder Regionen mit mediterranem Klima vor.
Das Experiment
Rauch steigt langsam auf, ein leises Knacken und dann öffnet sich langsam die Frucht und enthüllt einen kleinen Samen. Auf den ersten Blick wirkt es ein wenig sonderbar eine Pflanze anzuzünden, doch genau das machen Lars Leonhard und Cosima Dinort, zwei Reviergärtner:innen im Botanischen Garten. Denn Pyrophyten brauchen genau das, um sich fortzupflanzen. Früchte oder auch Zapfen der Pyrophyten öffnen sich durch Hitze. Dadurch fallen Samen in die fruchtbare Asche und bekommen so die Möglichkeit zu keimen. Ein wichtiger Faktor ist dabei die Konkurrenz. Durch die spezielle Anpassung, Feuer zu nutzen, haben Pyrophyten einen enormen Vorteil gegenüber anderen Pflanzen. Denn sie keimen nun in einem konkurrenzfreien Umfeld, da alle anderen Pflanzen und deren Samen verbrannt sind.


Lars Leonhard simuliert diesen Vorgang mit einem Gasbrenner. Er hält die Flamme mehrere Minuten auf die Früchte. Bis sich die Frucht öffnet und der Samen herausfällt, dauert es ungefähr drei Minuten. Von selbst würden sich die Früchte nicht öffnen und die Samen nicht vom Baum oder anderen Pflanzen fallen, erklärt er. Es muss Feuer und Hitze im Spiel sein.
Ohne Feuer bleiben die Früchte der Pyrophyten verschlossen (Bild links). Nach dem Experiment mit dem Gasbrenner öffnen sich die Früchte und geben den Samen frei (Bild rechts).
Waldbrände sind essentiell
Die Relevanz des Themas zeigt sich derzeit besonders deutlich: Weltweit nehmen Waldbrände zu, eine Entwicklung, die eng mit dem fortschreitenden Klimawandel verknüpft ist. Es muss zwischen zwei Arten von Waldbränden unterschieden werden. Das betont auch Dr. Sabine Etges. Sie ist wissenschaftliche Leiterin des Botanischen Garten und für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig.
Etges erklärt, dass Waldbrände in der Natur auf natürliche Weise vorkommen können und sogar essenziell für manche Ökosysteme sind. Das sind sogenannte Grundfeuer. Dabei fegt das Feuer einmal über den Boden. Die Pyrophyten profitieren davon. Wie zum Beispiel der Mammutbaum, der auch im Botanischen Garten zu finden ist. Die Äste fangen bei ihm erst ganz weit oben an, wodurch ein Bodenfeuer nicht bis in die Baumkrone vordringen kann. Zusätzlich schützt die feuerresistente Rinde den Baum. Das Feuer und die Hitze nutzt dem Mammutbaum wie den anderen Pyrophyten zur Fortpflanzung.
Die Bilder von Waldbränden, die wir aus dem Fernsehen kennen, sind eine andere Art von Waldbränden. Das ist das sogenannte Kronenfeuer. Wenn die Baumkronen lichterloh brennen, dann können sich die Bäume davon hinterher nicht erholen. Die Brandtemperatur ist viel höher und vernichtet den ganzen Bestand der Pflanzen in der Region.


Strategien der Pflanzen: Von Tiefwurzlern bis zu Brandbeschleunigern
Im Botanischen Garten wachsen viele Pyrophyten; die meisten davon stammen aus Australien. Sie können nach einem Brand die Fläche sofort wieder besiedeln.
Es gibt aber auch andere Strategien, mit dem Feuer umzugehen. Im Mittelmeerraum sind bekannte Küchenkräuter wie Lavendel und Rosmarin mit die Ersten, die nach einem Brand wieder wachsen. Sabine Etges erklärt, dass ihre tiefen Wurzeln nach einem Brand dafür sorgen, dass sie schnell wieder austreiben können. Eine weitere Überlebenstaktik zeigt die Korkeiche. Sie schützt sich mit einer extrem dicken Rinde. Diese hält die Hitze vom Inneren des Stammes fern und bildet sich immer wieder nach. Die dicke Rinde der Korkeiche wird von Menschen auch zur Herstellung von Korken genutzt.
Der Eukalyptus hingegen ist eine echte Gefahr für Ökosysteme. Er ist zwar an das Feuer angepasst, sorgt jedoch „mit seinem hohen Gehalt an ätherischen Ölen dafür, dass die Blätter leicht entzündlich sind“, sagt Etges. Das führt zu einer erhöhten Brandgefahr und auch zu einer schnelleren Verbreitung des Feuers.
Feuer muss also nicht unbedingt schädlich sein für die Natur. Es gibt auch viele Pflanzen, die Feuer brauchen und davon profitieren.
Redigat: am / jw
