Zum Hauptinhalt springen

Umwelt

Man sieht wie ein kleines Rehkitz im hohen Gras liegt
Ein Rehkitz im hohen Gras (Foto: Nicole Janßen)

Rehkitzrettung: engagierte Helfer und innovative Technik

Eine Reportage von Amelie Bridonneau

Auf dieser Seite

Im Frühjahr, insbesondere in den Monaten Mai und Juni, beginnt die Zeit, in der Rehkitze geboren werden. Mit ihrem charakteristischen gepunkteten Fell und ihrem instinktiven Verhalten, sich im hohen Gras zu verstecken, sind die Kitze nahezu unsichtbar für natürliche Feinde. Doch diese Überlebensstrategie des Rehwildes stellt eine große Herausforderung für Landwirt:innen dar, die mit ihren Mähwerken unterwegs sind. Die Landwirt:innen sind zwar gesetzlich dazu verpflichtet auf die Kitze zu achten, aber das ist leichter gesagt, als getan. Deshalb unterstützten rund um Düsseldorf vor allem die Kreisjägerschaften die Rehkitzrettung.

 

Kitzrettung per Drohne
-:-

Es ist 3:30 an einem Samstag. Draußen ist es noch dunkel, und die Luft ist kühl. Für Nicole Janßen ist trotzdem schon Zeit aufzustehen, denn sie ist Jägerin und Vorsitzende des Hegerings Alt-Willich. Zur Setzzeit, wenn die Rehkitze zur Welt kommen, zählt es zu ihren Hauptaufgaben, diese vor dem Mähtod zu schützen.

 

Mit einem leisen surren über ihrem Kopf, startet Nicole ihre Suche. Verantwortlich für das Geräusch ist eine Drohne. Drohnen mit montierten Wärmebildkameras werden immer häufiger bei der Rehkitzrettung eingesetzt, da sie die Rettung sehr viel effektiver machen. Die zu mähenden Flächen werden im Rahmen einer vorab festgelegten Route systematisch abgesucht. Auf dem Monitor der Drohne werden dann Wärmequellen angezeigt, wodurch sich ein Rehkitz vom kühlen Boden unterscheiden lässt.

Und da ist sie auch schon, die erste Wärmequelle: ein Kitz. Mithilfe eines Funkgeräts wird Nicole jetzt durch das hohe, noch feuchte Gras an die richtige Stelle gelotst, an der das Kitz liegt.

 

 

 

Beim Kitz angekommen, zieht sich Nicole Handschuhe an und reißt Grasbüschel aus, um das Kitz vorsichtig hochzunehmen. Besonders wichtig ist dabei, keinen menschlichen Geruch zu übertragen, erklärt Nicole, während sie das Kitz mit ausgestreckten Armen aus der Wiese trägt. Der Grund dafür ist ein Schutzmechanismus der Rehe. Rehkitze haben von Natur aus keinen Eigengeruch, um sich vor Feinden zu schützen. Sollte ein Kitz nun doch den Geruch eines Menschen annehmen, verstößt die Mutter ihr Kind.

Am Rand der Wiese angekommen, sichert Nicole das Kitz mithilfe eines eher ungewöhnlichen Gegenstandes: einem Wäschekorb. Zusätzlich steckt sie Fahnen um diesen Korb herum, um deutlich zu machen: hier liegt ein Kitz. Nachdem der zuständige Landwirt die Wiese gemäht hat, entfernt er die Sicherungen. An diesem Zeitpunkt ist Nicoles Arbeit getan, denn den Rest macht die Ricke, die Mutter des Kitzes. Diese findet ihr Kind durch das Fiepen, auch am Rande der Wiese wieder.

Um die Kitze erfolgreich schützen zu können, ist vor allem die enge Zusammenarbeit aller Beteiligten essenziell. Landwirt:innen, Jäger:innen und das Drohnenteam sollten sich frühzeitig über geplante Maßnahmen austauschen, um dadurch flexibel reagieren können. Aber auch Spaziergänger:innen tragen mit ihrem Verhalten zum Schutz der Kitze bei. Wenn diese ein einsames Kitz entdecken, brauche man sich keine Sorgen zu machen, betont Nicole. Es ist ganz normal, dass die Ricke sich in den ersten Wochen alleine auf Nahrungssuche macht, oder Jäger:innen es aus Sicherheitsgründen alleine ablegen. Gegebenenfalls ist es sinnvoll, die zuständigen Landwirt:innen oder Jagdpächter:innen zu informieren, dass ein Kitz gefunden wurde, aber mehr auch nicht. Denn selber zu handeln, oder es in die Tierklinik zu bringen, wären fatale Entscheidungen für das Kitz.