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Campus

Redaktion:
Auf dem Bild sind Studierenden in einem Hörsaal zu sehen. Sie stimmen ab und heben dabei die Hände.
Mit der Abstimmung wurde das Meinungsbild abgefragt (Foto: Johanna Warszawa).

Hitzige Debatte um Definition von Antisemitismus

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Die Fraktionen von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP haben im Bundestag einen Antrag zum Thema „Antisemitismus und Israelfeindlichkeit an Schulen und Hochschulen“ vorgelegt. Am Mittwoch hat der Bundestag diesem Antrag zugestimmt. Der Antrag sieht unter anderem eine Stärkung der Antisemitismusforschung, ein stärkeres Vorgehen gegen antisemitisches Verhalten und eine verstärkte Prävention von Antisemitismus an Schulen und Hochschulen vor. In einem Absatz geht es auch um die Antisemitismusdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA). Laut dieser Definition ist Antisemitismus „eine bestimmte Wahrnehmung von Jüdinnen und Juden, die sich als Hass gegenüber Jüdinnen und Juden ausdrücken kann“. Der Bundestag befürwortet diese Definition.

An der Heine-Uni hat der SDS darauf reagiert. Er brachte letzte Woche Donnerstag auf der studentischen Vollversammlung einen Antrag zu dieser Thematik ein.

Der Antrag des sozialistisch-demokratischen Studierendenverbands (SDS)

Der Antrag hat zwei Kernpunkte. Zum einen plädiert der SDS dafür, die IHRA-Definition an den Hochschulen nicht als Arbeitsdefinition für Antisemitismus anzuerkennen. „Das Definieren von Antisemitismus ist Aufgabe der Wissenschaft“, sagt er in seinem Antrag. Eine „Verengung des wissenschaftlichen Diskurses auf eine einzelne Arbeitsdefinition“ lehnt er strikt ab.

Sein zweiter Punkt bezieht sich auf Veranstaltungen zum Nahost-Konflikt und Palästina. Der SDS wirft der Universitätsleitung vor, Veranstaltungen zu diesen Themen ohne „nachvollziehbare Gründe“ zu verbieten. Nach Ansicht des SDS sind die Veranstaltungen verboten worden, weil die Uni befürchtet, dass es zu antisemitischen Äußerungen kommen könnte. Er bezeichnet dies als unbelegte „Antisemitismusvorwürfe und -befürchtungen“ und die dürften kein Grund für Raumabsagen sein. Der SDS fordert die Universitätsleitung dazu auf, „konkrete Maßnahmen“ zu ergreifen, „um die Meinungsfreiheit der Studierenden zu schützen“ und „eine offene Diskussion zu fördern“.

Die Mehrheit der Studierenden auf der Vollversammlung unterstützte diesen Antrag. Der SDS weiß nun die Vollversammlung hinter sich und könnte zum Beispiel einen entsprechenden Antrag an das Studierendenparlament stellen.

Vollversammlung der Studierendenschaft: Eine Vollversammlung ist die Versammlung aller Studierender. Das Studierendenparlament und der AStA-Vorstand können die Einberufung einer Vollversammlung beschließen. Auch Studierende können eine Vollversammlung beantragen. Dazu muss mindestens ein Prozent der Studierendenschaft einen Antrag an das SP-Präsidium stellen. Die Vollversammlung dient vor allem der Meinungsbildung. Es werden Anträge eingereicht und darüber diskutiert. Oft wird nach der Diskussion ein Meinungsbild abgefragt.

SDS: Der SDS ist eine hochschulpolitische Gruppe von Studierenden an der HHU. Die Abkürzung steht für „sozialistisch-demokratischer Studierendenverband“. In der letzten Legislaturperiode saß der SDS im Studierendenparlament. Seit der letzten SP-Wahl ist er nicht mehr im Parlament vertreten.

Der Antrag der Jüdischen Hochschulgruppe (JHG)

Die JHG stellte auf der Vollversammlung einen Gegenantrag. Sie forderte, die IHRA-Definition anzuerkennen und sie nicht infrage zu stellen. Die Definition gibt nach Ansicht der JHG jüdischen Menschen die Möglichkeit, „ihre Erfahrungen mit Antisemitismus sichtbar zu machen und effektiv dagegen vorzugehen“. Die Hochschulgruppe befürchtet, dass die jüdische Gemeinschaft weiter isoliert und diskriminiert wird, wenn diese Definition infrage gestellt wird. „Ich möchte wirklich appellieren, dass wir nicht an den Punkt kommen, dass von Diskriminierung betroffene Leute Diskriminierung nicht definieren können“, sagte ein Mitglied der JHG auf der Versammlung.

Die Mehrheit der Studierenden lehnte den Antrag ab. Auch die JHG könnte jetzt einen Antrag an das Studierendenparlament stellen. Allerdings hat sie, im Gegensatz zum SDS, nicht die Mehrheit der Vollversammlung hinter sich.

Was zeigt die studentische Vollversammlung?

Es ist schwierig einzuschätzen, ob der Antrag des SDS wirklich die Meinung der gesamten Studierendenschaft abbildet, denn es waren nur rund 160 Studierende vor Ort. Für ein repräsentatives Meinungsbild hätten mehr Studierende an der Versammlung teilnehmen müssen. Einen Konsens zwischen dem SDS und der JHG gab es auf der Versammlung nicht. Es wirkte fast so, als ob bei vielen die Meinung schon vorher fest stand. Beide Gruppen haben auf ihren Standpunkten beharrt und rückten nicht davon ab. Das zeigt, wie sehr die Fronten bei diesem Thema verhärtet sind.