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Auf dem Bild sieht man einen leuchtenden Schriftzug "Sex Now"
Blick in die Ausstellung „Sex Now“ im NRW-Forum

Zwischen Lust und Tabu: „Sex Now“ im NRW-Forum

Ein Gastbeitrag von Pauline Fester

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Pink zieht sich durch die Räume, Lichtinstallationen und Schriftzüge leuchten in kräftigen Farben. Sexualität steht hier nicht am Rand, sondern mitten im Raum. Schon beim ersten Schritt merkt man: „Sex Now“ ist keine klassische Ausstellung. Die Atmosphäre ist grell, direkt und ein bisschen irritierend – und genau das soll sie sein. 

Historische Rückblicke auf die sexuelle Revolution der 1960er-Jahre treffen auf zeitgenössische Themen wie digitale Intimitäten, Fetische oder sexualisierte Gewalt. Dieser bewusste Wechsel zwischen Leichtigkeit und Schwere sorgt dafür, dass der Rundgang ein ständiger Perspektivwechsel bleibt – mal lacht man, mal staunt man, mal fühlt man sich unwohl.

Sexualität in Szene gesetzt

Die Schau erstreckt sich über zehn Räume mit rund 400 Arbeiten, die jeweils ihre eigene Stimmung entfalten. Manche wirken verspielt, mit bunten Farben und Details, andere dunkel und ernst, fast bedrückend. Gezeigt wird eine breite Mischung: Fotografien, Zeichnungen, Installationen, Designobjekte und Alltagsgegenstände. Plötzlich steht man neben feministischer Kleidung aus den 1970er-Jahren, ein paar Schritte weiter wird aus Sextoys ein Kunstwerk, das Konsum, Begehren und Gesellschaftskritik verbindet. Grenzen zwischen Kunst, Alltag und Popkultur verschwimmen hier und es wird deutlich: Sexualität ist allgegenwärtig – politisch, erotisch, widersprüchlich.

Thematisch ist die Ausstellung breit gefächert. Ein Raum widmet sich sexualisierter Gewalt, dessen reduzierte Gestaltung das Thema umso eindringlicher wirken lässt. Andere Räume greifen Körperbilder, queere Identitäten, Kinks, Pornografie und auch Schönheitsideale aus den sozialen Medien auf. Keine Arbeit reduziert Sexualität auf eine einzige Botschaft. Zusammen entsteht ein vielschichtiges Bild, das irritiert, berührt und zum Nachdenken anregt. Dabei tauchen Fragen auf, die sonst oft unausgesprochen bleiben: Wie frei sind Körperbilder wirklich? Welche Rolle spielt Consent, wenn Dating-Apps Intimität verändern? Wie sehr verschieben Plattformen wie OnlyFans den Blick auf Sexualität und Macht?

Mittendrin statt nur dabei

Auch das Publikum bleibt nicht passiv. Über VR-Brillen oder eine Wand, an der eigene Fantasien festgehalten werden, können Besucher:innen aktiv mitgestalten. Man wird also Teil der Ausstellung, bringt eigene Sichtweisen ein und begegnet gleichzeitig denen anderer.

Genauso prägen die Besucher:innen selbst die Stimmung. Studierende, Freundesgruppen, Paare und ältere Menschen bewegen sich durch die Räume – manche verweilen lange, andere gehen lieber schnell weiter. Zwischendurch wird gelacht, geflüstert, diskutiert. Dieses Zusammenspiel aus Eindrücken und Reaktionen macht sichtbar, wie unterschiedlich Sexualität erlebt und verstanden wird.

Eine Ausstellung, die Sexualität nicht vereinfacht

Kuratiert wurde die Ausstellung von Alain Bieber, Leiter des NRW-Forums und seiner kuratorischen Assistenz Judith Winterhager. Ihr Konzept setzt bewusst auf Kontraste: Hochkultur trifft auf Alltagsobjekte, feministische Geschichte auf digitale Zukunftsvisionen. Manche Arbeiten sind sperrig, andere leicht zugänglich – gerade diese Mischung macht die Schau abwechslungsreich und lebendig.

Und wer nach dem Rundgang noch nicht genug Eindrücke gesammelt hat, findet im Museumsshop eine Fortsetzung der Themen. Neben den klassischen Ausstellungskatalogen stehen hier Bücher zu Sexualität, Gender und Körperkultur im Regal. Dazu kommen ungewöhnliche Souvenirs: Schlüsselanhänger in Form von Brüsten, verspielte Accessoires oder Unterwäsche. Der Shop ergänzt die Ausstellung auf seine eigene Weise – es wirkt schon fast als humorvolle und zugleich nachdenkliche Erweiterung des Gesehenen.

„Sex Now“ läuft noch bis zum 3. Mai 2026 im NRW-Forum Düsseldorf. Zutritt gibt es ab 18 Jahren. Wer hingeht, sollte keine glatte Ausstellung erwarten, sondern eine, die viele unterschiedliche Eindrücke bietet – leicht und schwer, bunt und düster, vertraut und irritierend zugleich. Genau diese Reibung macht „Sex Now“ spannend: eine Ausstellung, die Sexualität nicht vereinfacht, sondern in ihrer Widersprüchlichkeit zeigt.

Wo?: NRW-Forum Düsseldorf, Ehrenhof 2, 40479 Düsseldorf
Wann?: Bis zum 3. Mai 2026
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag, 11 bis 18 Uhr, Donnerstag bis 21 Uhr
Eintritt: 9,50 €, Ermäßigt 6,50 €
Zutritt: ab 18 Jahren