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Wissenschaft

Redaktion:
Auf dem Foto sind die Hände der Historikerin Dr. Teresa Schröder-Stapper zu sehen, die eine Tabak Pflanze in einem Buch zeigt (Foto: Valeska Ridzewski)
Einen Blick auf die vielseitige Geschichte des Tabaks (Foto: Valeska Ridzewski)

Von Amerika nach Europa: Die Reise des Tabaks

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Wie wurde aus einer unscheinbaren Pflanze ein weltweites Kulturgut – und zugleich ein medizinisch umstrittenes Genussmittel? Im Sonderlesesaal der Universitäts- und Landesbibliothek gab die Historikerin Dr. Teresa Schröder-Stapper Einblicke in die Kultur- und Medizingeschichte des Tabaks. Eine historische Reise von den ersten Entdeckungen bis hin zur modernen Zigarette. Doch wie begann die Erfolgsgeschichte dieser Pflanze?

Tabak – Heilpflanze, Prestigeobjekt und globales Genussmittel

Tabak gelangte im Zuge des sogenannten „Columbian Exchange“ nach Europa. Damit bezeichnet man den intensiven Austausch von Pflanzen, Tieren und Lebensmitteln, der mit der Entdeckung Amerikas und der Erschließung neuer Seewege nach Asien einsetzte. Seefahrer brachten Berichte mit, in denen sie beschrieben, wie die indigenen Völker Amerikas Tabak anbauten und trockneten, und in vielfältiger Form konsumierten, sei es geraucht, geschnupft oder gekaut. Diese frühen Reiseberichte prägten das europäische Wissen über die neue Pflanze und deren Konsumarten.

Im Laufe des 17. Jahrhunderts entwickelte sich Tabak zu einem globalen Handelsgut, eng verflochten mit dem transatlantischen Sklavenhandel und den Plantagenwirtschaften in der Karibik, Virginia und Maryland. Von dort aus gelangte er auch nach Asien und Afrika.

Doch schon früh regte sich Kritik. Bereits im frühen 17. Jahrhundert wies man darauf hin, dass Rauch die Lungen schädigt und Tumore hervorrufen kann. König Jakob I. von England beschrieb den Tabakgenuss als ungesund und unproduktiv. Bald schon wurden Verbote und Steuern in ganz Europa ein erlassen. Diese sollten den Konsum eindämmen. Jedoch hatte das wenig Erfolg. Oft bauten die Menschen die Tabakpflanze einfach selbst an.

Von der Heilpflanze zum globalen Handelsgut

Zunächst wurde Tabak vor allem medizinisch und rituell genutzt. Ärzte und Apotheker propagierten seine Heilwirkung. Tabak sollte bei Melancholie helfen oder als Abführmittel dienen. Bald galt die Pflanze auch als Prestigeobjekt im Garten. Die leichte Anpflanzung, die kleinen Samen und ihre Haltbarkeit trugen ebenfalls zur Verbreitung des Tabaks bei.

In Europa erlebte der Tabak unterschiedliche Konsumformen: vom Schnupftabak am französischen Hof über die Pfeife bis hin zur Zigarre, die ab dem 19. Jahrhundert zunehmend zum Männlichkeitssymbol wurde. Unterschiede zeigten sich vor allem in der sozialen Schicht: einfache Pfeifen standen neben kostbar verzierten Tabaksdosen. Aus dieser Vielfalt entwickelte sich schließlich eine neue Form des Tabakkonsums: die Zigarette. Die moderne Zigarette ist eine europäische Erfindung. Ende des 18. Jahrhunderts kamen in Spanien und Portugal die ersten selbstgedrehten Papierzigaretten auf. Später folgte die maschinelle Produktion.

Aber die Ambivalenz blieb – Tabak galt lange Zeit sowohl als Allheilmittel gegen Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit oder Appetitlosigkeit als auch als gesundheitsschädliches Suchtmittel. Erst im 20. Jahrhundert setzte sich die Erkenntnis vollständig durch, dass Rauchen mehr schadet als nützt. Heute erinnert Tabakgeschichte nicht nur an Genuss und Medizin, sondern auch an Kolonialismus, Ausbeutung und den globalen Austausch von Wissen und Kulturen.

Redigat: mf