Wissenschaft

Mit dem ZDM einen Schritt in die Zukunft
Am 16. Oktober zog es die Rektorin der Heine-Uni, den Vorstand des Universitätsklinikums Düsseldorf (UKD), Forscher:innen und viele weitere in ein altes Backsteingebäude in Reisholz. Denn in dieses unscheinbare, denkmalgeschützte Gebäude auf der Henkelstraße ist das neue Zentrum für Digitale Medizin (ZDM) gezogen. Nach einem Jahr des Umbaus konnte es nun eröffnet werden. Durch die Kooperation des UKD, der medizinischen Fakultät und der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Heine-Uni ist für die Universität ein neues Alleinstellungsmerkmal entstanden.
Daran wird geforscht
In der Henkelstraße soll nun digitale, biomedizinische Forschung stattfinden. In Zukunft soll das Forschungszentrum eine führende Rolle in diesem Bereich einnehmen. Forschung dieser Art gibt es schon seit längerem in Düsseldorf, doch bislang fehlte ein zentraler Ort. Das soll sich jetzt mit dem neuen Zentrum in der Henkelstraße ändern. Es solle das sichtbar machen, was ohnehin schon da ist, sagte Professor Tobias Marschall, einer der Mitgründer des Zentrums. Er ist mit seiner Forschungsgruppe am ZDM angesiedelt und forscht am sogenannten Pangenom. Das Genom ist die gesamte Information, die in der DNA gespeichert ist und die ein Mensch von seinen Eltern erbt. Die Reihenfolge der Gene im Genom bestimmt die vererbten Eigenschaften eines Menschen. „Dazu gehören auch Risikofaktoren für verschiedene Krankheiten“, erklärt Marschall. „Um diese besser identifizieren zu können, wird das einzelne Genom mit einem Referenzgenom abgeglichen“. Doch das Referenzgenom bildet nur einen schmalen Teil der Bevölkerung ab. Das Pangenom soll dies ändern. Das Forschungsteam von Prof. Marschall ist Teil der internationalen Gruppe „Human Pangenome Reference Consortium“. Die Gruppe hat das Ziel, „das aktuelle Referenzgenom durch ein umfangreiches Pangenom zu ersetzen und somit eine Landkarte des menschlichen Genoms zu erstellen“, sagt Marschall. Seine bisherigen Forschungsergebnisse wurden bereits in der Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlicht. So eine Veröffentlichung zeichnet die Forschung in hohem Maße aus, da „Nature“ einen sehr hohen „Impact Factor“ hat. Sie wird also am meisten zitiert und hat somit einen immensen Einfluss auf die Wissenschaft.
Ein weiteres Einsatzgebiet der digitalen Medizin ist die onkologische Versorgungsforschung, die Strukturen, Prozesse und Ergebnisse der Krebsversorgung im Praxisalltag untersucht. Die Forschungsgruppe unter Juniorprofessorin Nora Tabea Sibert hat sich das Ziel gesetzt, „die Qualität der Versorgung nachhaltig zu verbessern und dabei die Potenziale der digitalen Medizin zu erkennen und zu nutzen“, so Sibert.
Dies beginnt bei der Qualität der onkologischen Versorgung, umfasst die sinnvolle Nutzung der dabei anfallenden Daten und reicht bis zur Digitalisierung der Medizin. Im ZDM selbst wird keine Forschung an Patient:innen durchgeführt, sondern es werden Daten ausgewertet und analysiert. Die Forschungsgruppe um Sibert ist an der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe angesiedelt, außerdem kooperiert sie mit dem „Centre for Health and Society“, der HHU und mit dem „Centrum für integrierte Onkologie“ des UKD.
Durch die Digitalisierung hat sich die gesamte biomedizinische Forschung verändert. Mit modernen Daten- und Analysetechnologien ist es nun möglich, Krankheiten genauer zu erforschen, bessere und individuellere Behandlungsmöglichkeiten zu entwickeln und den Transfer von der Theorie in die Praxis zu beschleunigen. Diese Transformation soll zu einem gerechteren und effizienteren Gesundheitssystem führen. Die Heine-Uni will mit der Gründung des ZDM in dieser digitalen Revolution „eine Vorreiterstellung“ einnehmen.

Das räumliche Konzept
Von außen sieht man dem Gebäude nicht an, wie modern es von innen ist. Auf zwei Etagen gibt es verschiedene Arbeitsmöglichkeiten im „New Work“-Design. Es gibt geschlossene Büros, aber auch offene Arbeitsflächen. Durch die vielen Fenster – auch im Inneren des Gebäudes – und einen kleinen Innenhof, der komplett verspiegelt ist, kommt viel Tageslicht in alle Räume. Farblich ist es ebenfalls sehr hell gehalten. Überall findet man blaue und gelbe Akzente, die das Farbdesign des UKD und der Heine-Uni widerspiegeln sollen. Ein ehemaliger Büroraum war als solcher nicht mehr nutzbar. Dort ist nun ein Fitnessraum mit Umkleiden und Duschen zu finden. In dem Gebäude gibt es zwar keine Kantine, allerdings eine geräumige Küche. Das Gebäude wird zu marktüblichen Konditionen von der Uni angemietet. Auch Forschende, die auf dem zentralen Campus der Heine-Uni angesiedelt sind oder beim UKD arbeiten, können die Räume nutzen.
Das neue Zentrum schafft außerdem neue Arbeitsplätze. Es bietet rund 150 Stellen an. Dazu kommen auch neue Professor:innen an die Uni. Zum Beispiel kommt Johannes Stegmaier ans ZDM. Im Moment hat er noch in Aachen eine Stelle als Juniorprofessor für biomedizinische Bildverarbeitung inne. Von den neuen Professor:innen profitiert auch die Lehre an der Heine-Uni. Sie bringen neue Forschungsmöglichkeiten auch für Studis und neue Eindrücke in der Lehre mit. Im Fachbereich „Digitale Medizin“ soll vielleicht sogar ein neuer Masterstudiengang entstehen. Dafür werden gerade Ideen gesammelt.
Redigat: jw / am



