
Wahlbeteiligung an Hochschulen bleibt auf niedrigem Niveau
Politische Beteiligung an Hochschulen ist ein viel diskutiertes Thema. Trotz verschiedener Maßnahmen bleibt die Wahlbeteiligung bei den Studierendenparlamentswahlen an vielen Universitäten niedrig. Im Jahr 2024 stimmten 6,3% HHU-Studierende bei Wahl des Studierendenparlaments ab. Eine Verbesserung zum Vorjahr, in dem nur 5,5% abstimmten. Dennoch liegt der Wert weit hinter Universitäten wie Münster oder der RWTH Aachen. Dort sind die diesjährigen Wahlen zum Studierendenparlament bereits abgeschlossen. Die Wahlbeteiligung lag dieses Jahr an den Universitäten bei jeweils 14,9% und bei 14,7%. Die ASten wünschen sich dennoch eine höhere Beteiligung.
Rückläufige Werte in diesem Jahr in Aachen und Münster
Obwohl die Wahlbeteiligung an der Universität Münster und der RWTH Aachen doppelt so hoch ist, wie die der HHU, ist die Anzahl der Wahlgänger:innen im Vergleich zu 2024 zurückgegangen. An der Universität Münster stimmten im vergangenen Jahr noch 17%, an der RWTH Aachen noch 18% bei der Studierendenparlamentswahl ab. Paul Sonnleitner, Referent für Öffentlichkeitsarbeit und politische Bildung des AStAs der RWTH Aachen, empfindet allerdings auch eine Wahlbeteiligung von 18% als unzureichend. 18% seien zwar höher als an vielen anderen Hochschulen, doch für ein demokratisches Gremium, sei das eigentlich kein zufriedenstellender Wert.
Auch mit der rückläufigen Entwicklung an der Universität Münster ist Tom Orschel, ebenfalls Referent für Öffentlichkeitsarbeit, nicht zufrieden. „Natürlich bringt solch ein Ergebnis uns auch ins Grübeln, denn gerade in polarisierenden Zeiten wie heute ist politische Partizipation besonders wichtig, auch auf Hochschulebene“, sagt er. Im vergangenen Jahr habe die Europaparlamentswahl viele Menschen bereits zum Wählen motiviert. Dieser mobilisierende Effekt wäre dieses Jahr ausgeblieben. „Ziel wird es definitiv sein, die Wahlbeteiligung im kommenden Jahr wieder zu erhöhen“, fügt Tom Orschel hinzu.
Unwissen über das hochschulpolitische System
Ein Faktor, der zur niedrigen Wahlbeteiligung beiträgt, sei eine verbreitete Unwissenheit der Studierenden, wenn es um das hochschulpolitische System geht. „Das Verständnis des hochschulpolitischen Systems gehört, wie auch auf kommunal-, landes- und bundespolitischer Ebene, zu den wichtigsten Faktoren einer hohen Wahlbeteiligung“, sagt Tom Orschel. „Viele Studierende unterschätzen den Einfluss der Hochschulpolitik auf ihren Alltag – wir müssen überdenken, wie wir mehr Nähe zur Studierendenschaft aufbauen und auf die Wichtigkeit der hochschulpolitischen Inhalte aufmerksam machen.“
Auch an der RWTH Aachen sieht Paul Sonnleitner das Unwissen als ein Grund für die niedrige Wahlbeteiligung. „Die meisten wissen erst gar nicht, was die einzelnen Organe und Gremien der studentischen Selbstverwaltung machen“, sagt er. Das dürfe man den Studierenden aber nicht übel nehmen. Der ständige Leistungsdruck im Studiengang lasse nur wenig Platz für Engagement außerhalb.
Eine wichtige Maßnahme, um die Wahlbeteiligung zu steigern, sei es deswegen, über das hochschulpolitische System aufzuklären und die Wahl transparenter zu gestalten. An der Universität Münster werden die Studierenden durch aufklärende Instagram-Reels auf dem Account des AStAs erreicht, oder auch durch ein Video auf ihrem YouTube-Kanal, welches das System erläutert. Man wolle den Zugang zu den Informationen, so niedrigschwellig wie möglich gestalten, so Tom Orschel.
„Studierende müssen über ihre Rechte und darunter eben auch das Wahlrecht aufgeklärt werden, denn genau das braucht es gerade: starke, emanzipierte, Studierendenstimmen.“ - Tom Orschel, Referat für Öffentlichkeitsarbeit des AStAs der Universität Münster
An der RWTH Aachen wird jedes Jahr eine Wahlzeitung mit den Listen und Hintergrundinformationen zur Wahl veröffentlicht. „Fairerweise muss man sagen, dass unsere Wahlzeitung auch keine riesige Leserschaft anzieht. Die, die sie lesen, sind ohnehin schon an den Wahlen interessiert. Dennoch ist die Zeitung gut dafür, die Wahl transparenter zu gestalten und vor allem die Menschen und Listen, die zur Wahl stehen, nahbarer zu machen“, sagt Paul Sonnleitner.
Weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Wahlbeteiligung
Neben der Aufklärung über das hochschulpolitische System werden in Münster und Aachen auch andere Maßnahmen unternommen. An der Universität Münster werden als Anreiz unter den Wählenden Festival Karten verlost. Außerdem wird auf die Wahl des Studierendenparlaments von den Fachschaftsräten und in Vorlesungen von Professor:innen hingewiesen. „Diesen persönlichen Austausch braucht es nicht nur in der Wahlzeit, sondern stetig übers Jahr verteilt. Das ist etwas das für die anstehende Koalition geplant wird: mehr direkten Austausch. So können wir über die Wichtigkeit der Hochschulpolitik übers ganze Jahr aufklären“, sagt Tom Orschel.
An der RWTH Aachen wird die Wahl besonders durch die Hochschulverwaltung unterstützt. Es werden mehrere Mails vor der Wahl an die Studierenden verschickt und auch auf den Online-Lernportalen wird auf die Wahl hingewiesen. Ähnlich zu dem Gewinnspiel in Münster gibt es in Aachen eine Tombola. Den größten Effekt auf die Wahlbeteiligung hatte jedoch die Umstellung auf das Online-Wahlsystem. Von 2023 auf 2024 stieg die Wahlbeteiligung um 8%. Warum die Werte in diesem Jahr wieder zurückgingen, trotz Online-Wahl, kann sich Paul Sonnleitner nicht erklären.
Somit wird bereits viel unternommen, um die Wahlbeteiligung zu steigern. Doch trotz dieser Bemühungen bleibt die Beteiligung niedrig. Die Gründe dafür sind vielfältig und reichen vom fehlenden Wissen über die Hochschulpolitik bis hin zu den Belastungen im Studienalltag. Es gibt nicht die eine Lösung für das Problem der niedrigen Wahlbeteiligung. Die Notwendigkeit besteht aber, weiter an nachhaltigen Ansätzen zu arbeiten.