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Politik

Zu sehen ist ein Laptop, auf dem der Bafög Antrag geöffnet ist.
Online-Formular des Bafög Antrags (Bild: Julia Vollmer)

Geld ist kein Allheilmittel

Ein Kommentar von Maximilian Kisters

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Bafög, Bildungsdarlehen und Stipendien sind laut der Webseite des Ministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) der „Dreiklang“, der die Chancengleichheit im Studium sichern soll. Im Interview mit der Zeit zitiert die Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger Ralf Dahrendorf, einen Vordenker des modernen Liberalismus, der von einem „Bürgerrecht auf Bildung“ sprach. Im Dezember sagte sie dass die, im Koalitionsvertrag angekündigten, BAföG-Reformen zügig kommen sollen. 
Frühere Kritiken am Bafögsystem waren unter anderem der Haufen Bürokratie, der mit jedem Antrag auf die Bezieher:innen zu kam, zu niedrige Förderungen und die Elternabhängigkeit. Um einige dieser Probleme will die Ampel sich kümmern. Im Koalitionsvertrag ist geregelt, dass die Regelsätze erhöht werden sollen und die Elternabhängigkeit reduziert werden soll. Ob das mit der angekündigten Bedarfsgerechtigkeit zusammengeht ist eine andere Frage, schließlich ist es in Deutschland gesetzlich festgelegt, dass Eltern ihren Kindern die Erstausbildung (einschließlich Studium) finanzieren müssen. Die Ziele, die sich die Regierung damit steckt, sind mit diesem Mittel allerdings nicht zu erreichen. Der Höchstsatz ist seit 2019 um 124 Euro gestiegen. Trotzdem sinkt die Anzahl an Studierenden (und Schüler:innen), die Unterstützung erhalten seit 2012 konstant. Die Anzahl Studierender insgesamt hingegen ist ganze 14 Jahre lang gestiegen und erst 2021 abgeflacht.

Kindern in Deutschland fehlen Chancen

Um Gerechtigkeit und echte Chancengleichheit im Bildungssystem zu erreichen, ist mehr nötig als Kindern von Geringverdienern Geldgeschenke zuzustecken. Studierende, die Wohngeld bekommen können trotzdem nicht ausziehen, wenn sie sich zuhause um ihre Geschwister kümmern müssen. 
Laut Eurostat haben acht Prozent der deutschen Haushalte keinen Internetzugang. Kindern fehlt die Digitalkompetenz, das zieht Probleme im Studium nach sich. Das heißt nicht, dass ein üppige Erhöhung der Regelsätze nicht längst überfällig ist; das ist sie. Allerdings haben Jugendliche in Deutschland andere Nachteile und um diese auszugleichen muss die Politik ihren alleinigen Fokus auf das monetäre Kapital ablegen und das soziale Kapital in den Blick nehmen. Außerdem haben Kinder, die aus sozioökonomisch schwachen Schichten stammen, andere Probleme. 
Eine Schülerin, die zuhause keine Unterstützung bekommt und sich in der Abiturvorbereitung um ihre Geschwister kümmern muss hat es schwieriger, den entscheidenden NC zu erreichen. Ein Student, dem seine Eltern nie erklärt haben, wie er sich in einem Vorstellungsgespräch verkauft, bekommt schwieriger ein Praktikum. Die beiden müssen auf Unterstützung durch Schule, Hilfsprogramme oder andere Verwandte und Freunde hoffen.

Es gibt Lösungen

Das sind keine bahnbrechende Erkenntnisse. Die Lösung liegt trotzdem nicht sofort auf der Hand. Es gibt kein Programm, das dieses Problem sofort und restlos erledigen würde. Es gibt keine Hilfeleistung, die jene Nachteile fair ausgleichen kann. Das Bildungsministerium hat ein Startchancen-Programm angekündigt, dass 4000 Schulen Investitionen in Schulausstattung erlaubt, mit Sozialarbeitern unterstützt und ein Budget zur freien Verfügung garantiert. Das ist ein Anfang. 
Was es braucht ist Sensibilität und Aufmerksamkeit für dieses Thema. Schulen bieten diese Hilfen oft ohne Unterstützung aus der Politik an. Hier muss eine Bundesregierung einheitliche Regelungen finden um deutschlandweit faire Förderung anzubieten. Für einen echten Wandel in der Bildungsgerechtigkeit braucht es enge Kooperation des Bildungs- und​ Familienministeriums, denn Studierende sind eben nicht nur Studierende.