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Politik

Zu sehen ist das Gebäude des Düsseldorfer Landtages.
Die Wahl zum 18. nordrhein-westfälischen Landtag steht an. (Foto: Andreas Meske)

Der Landtag NRW im Wandel der Zeit

Ein Beitrag von Alissa Riedlinger

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Am Sonntag ist es endlich wieder so weit: die Urnen stehen bereit, die Helfenden sind motiviert und die Wahllokale öffnen wieder ihre Türen für Bürger:innen aus ganz Nordrhein-Westfalen. Der achtzehnte nordrhein-westfälische Landtag wird gewählt und alle schauen gespannt auf Düsseldorf, wo sich die Parteien mit ihren Spitzenkandidat:innen versammeln werden.

Noch vor wenigen Monaten feierte der Landtag sein 75-jähriges Bestehen. In einer Plenarsitzung im letzten Oktober trugen mehrere Redner:innen kurze Ansprachen zu diesem Anlass vor. Darunter auch der Präsident des Landtages André Kuper: „Der Gründung Nordrhein-Westfalens und dem parlamentarischen Neubeginn ging das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte voraus. Umso wertvoller ist das Angebot zur Demokratie, das die britische Besatzung unserem Land und seinen Menschen 1946 gemacht hat.“ So blickt Kuper auf die Entstehungszeit des Landtages zurück.

Entstehung Nordrhein-Westfalens nach Kriegsniederlage

Das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte endete mit dem Selbstmord Hitlers in Berlin am 30. April 1945 und der anschließenden Unterzeichnung der bedingungslosen Kapitulation durch das deutsche Oberkommando. Deutschland hatte den Zweiten Weltkrieg verloren und mehr als 55 Millionen Menschen hatten durch das Naziregime und den Krieg ihr Leben gelassen. Mit der deutschen Kapitulation und dem Ende des Krieges übernahmen die amerikanische, die britische, die französische und die sowjetische Regierung die Hoheitsmächte über Deutschland und damit alle Befugnisse der nationalsozialistischen Regierung. Das Land wurde in vier Besatzungszonen aufgeteilt. Teil der britischen Besatzungszone war auch die Gebiete des heutigen Bundeslands Nordrhein-Westfalen.

Im August 1946 erließ die britische Militärregierung eine Besatzungsverordnung, die zur Auflösung der Provinzen Preußens führte und neue selbstständige Länder etablierte. Das war die Geburtsstunde Nordrhein-Westfalens. Das westliche Bundesland umfasste zunächst nur die ehemalige preußische Rheinprovinz und die Provinz Westfalen. Im Jahr 1947 trat auch Lippe-Detmold dem neuen Bundesland bei.

Feierliche Gründung in der Oper

Am zweiten Oktober 1946 kam der nordrhein-westfälische Landtag zu seiner konstituierenden Sitzung im Düsseldorfer Opernhaus zusammen. Da viele Teile der Stadt im Krieg beschädigt worden waren, kam das Opernhaus als einziger Ort für eine solch feierliche Sitzung in Frage. Die Abgeordneten des Landtages nahmen im Zuschauerbereich Platz, während wichtige britische Militärangehörige und deutsche Ehrengäste die Loge, das Parkett und die oberen Reihen füllten. Diese erste Sitzung des nordrhein-westfälischen Landtages besaß eine hohe Symbolkraft, da sie das Ende der nationalsozialistischen Diktatur markierte und den Grundstein für die heutige Demokratie in NRW legte.

Der erste Landtag in Nordrhein-Westfalen bestand aus 200 Parlamentarier:innen. Das besondere an diesem ersten Parlament war, dass es nicht gewählt, sondern von der britischen Militärregierung ernannt wurde. Die Sitzverteilung des Landtages orientierte sich an Schätzungen über die Stärke der einzelnen politischen Parteien.

Britischer Grundstein für die nordrhein-westfälische Demokratie

Zügig nahmen die Parlamentarier:innen die Beratungen zur ersten nordrhein-westfälischen Verfassung auf. Die Verhandlungen wurden später von dem zweiten Landtag Nordrhein-Westfalens fortgesetzt und zwischenzeitlich wegen Beratungen zum Grundgesetz pausiert. Im Jahr 1950 trat die nordrhein-westfälische Verfassung dann endlich in Kraft. Die Parlamentarier:innen hatten nur mit knapper Mehrheit für die Verfassung votiert. Besiegelt wurde das Ergebnis durch eine Abstimmung der Bürger:innen Nordrhein-Westfalens, die sich mehrheitlich für die neue Verfassung aussprachen. Diese enthielt mit der Möglichkeit für Volksbegehren und Volksentscheide auch Elemente direkter Demokratie.

Die erste Wahl zum nordrhein-westfälischen Landtag fand 1947 statt. 67,3 Prozent der Bürger:innen beteiligten sich. Das ist eine Zahl, die knapp über dem Wert der Wahlbeteiligung an der Landtagswahl 2017 liegt. Zum Vergleich: die höchste Wahlbeteiligung an einer Landtagswahl in NRW wurde 1975 mit 86,1 Prozent erreicht.

Volksentscheid und Volksbegehren – Was ist das?

Ein Volksentscheid ist ein direktdemokratisches Instrument, das es Bürger:innen ermöglicht, direkt an politischen Entscheidungen mitzuwirken.

Ein Volksbegehren kann einem Volksentscheid vorausgehen. Eine festgelegte Anzahl an wahlberechtigten Bürger:innen erwirkt hier durch das Sammeln von Unterschriften einen Volksentscheid – in Nordrhein-Westfalen braucht es dazu ein Fünftel der Stimmberechtigten.

Ein Landtag, der oft umzog

Nach der konstituierenden Sitzung im Düsseldorfer Opernhaus tagte der nordrhein-westfälische Landtag bis Februar 1949 auf dem Werksgelände der Firma Henkel in Düsseldorf Holthausen. 90 Plenarsitzungen wurden im firmeneigenen Theaterraum abgehalten. Der damalige Landtagspräsident Ernst Gnoß war nach der konstituierenden Sitzung beauftragt worden, nach alternativen Tagungsorten zu suchen. Der Zustand der vom Krieg zerstörten Stadt erschwerte die Suche stark. Schließlich wurde mangels Alternative der Theatersaal der Firma Henkel ausgewählt.

Im März 1949 verlegte der Landtag seinen Sitz in das Düsseldorfer Ständehaus, wo er bis bis Juli 1988 tagte. Das Ständehaus wurde zuvor für den Rheinischen Provinziallandtag erbaut und von diesem bis 1945 als Tagungsort genutzt. Der Provinziallandtag bestand aus Vertretern der Ritterschaft, Vertretern der Städte und Landgemeinden sowie aus den ehemaligen Reichsständen. Zu den Reichsständen zählten alle Glieder der Gesellschaft im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, die einen Sitz im Reichstag besaßen und bei Abstimmungen ihre Stimme abgeben durften. Heutzutage beherbergt das Gebäude das Museum K21.

Im Oktober 1988 zog das Parlament schließlich in das heutige Landtagsgebäude am Rhein. Dieses wurde eigens für das Parlament erbaut. Zuvor wurden die Architekt:innen des Gebäudes in einem bundesweiten Wettbewerb ausgewählt. Durchsetzen konnten sich schließlich Fritz Eller, Erich Maier, Robert Walter und Partner. Nach dem Wunsch der Abgeordneten entwarfen sie ein Konzept für ein modernes Gebäude mit kreisrundem Plenarsaal.

1966 – ein Wendepunkt in der Landtagsgeschichte

Ähnlich, wie das Parteiensystem auf Bundesebene, konzentrierte sich das Parteiensystem in Nordrhein-Westfalen zunehmend. In den Legislaturperioden zwischen 1958 und 1990 kamen CDU und SPD zusammen auf um die 90 Prozent. Während in den ersten drei gewählten Landtagen noch fünf Parteien vertreten waren, waren es im vierten und fünften Landtag nur noch vier. In der sechsten bis achten Wahlperiode verringerte sich die Zahl weiter und nur noch drei Parteien verfügten über Sitze im Parlament.

In der neunten Wahlperiode saßen schließlich nur noch CDU und SPD im Landtagsgebäude im Ständehaus. Nachdem dieser Höhepunkt der Konzentration in der Legislaturperiode 1980 bis 1985 erreicht worden war, zog die FDP erneut in den Landtag ein. Im Jahr 1990 kam mit den GRÜNEN eine neue Partei hinzu, die Sitze im Landtag erhielt.

Mit der ersten Wahl 1947 begann eine erfolgreiche Ära für die CDU, in der diese jahrzehntelang den Ministerpräsidenten stellte. Erst im Jahr 1966 änderte sich dies, als die SPD erstmals als stärkste Kraft in den Landtag einzog und das Amt des Ministerpräsidenten übernahm. Bis heute kamen alle Ministerpräsidenten seit 1966 – abgesehen von denen aus der 15. und 17. Wahlperiode – aus den Reihen der SPD.