Kultur

Spannend, emotional und witzig - Fünf Filme für den November
Draußen nimmt der Nebel den Himmel ein. Es regnet und der Wind zieht seine Runden. Der November ist in vollen Zügen da – und mit ihm das Bedürfnis, sich zurückzuziehen, es sich zu Hause gemütlich zu machen und die Zeit allein oder gemeinsam mit Freunden zu genießen. Vor allem mit diesen fünf Filme, die den November mit Spannung, Liebe und auch etwas Trauer füllen können.
Prisoners – Jede Sekunde zählt
Prisoners entfaltet sich wie ein düsterer Alptraum, der sich langsam, in einer Kleinstadt in den USA verwirklicht. An Thanksgiving verschwinden zwei kleine Mädchen scheinbar spurlos. Während die Polizei unter der Leitung des erfolgreichen, aber traumatisierten Detektiven Loki alles gibt, um die Mädchen zu finden, ergreift einer ihrer Väter, Keller, eigene Maßnahmen. Je länger die Kinder verschwunden bleiben, desto härter werden die Umstände. Loki scheint zu verzweifeln und Keller greift zu immer skrupelloseren Maßnahmen, um die Täter: innen ausfindig zu machen. Ziemlich schnell ist kaum noch klar, wer schuldig, wer unschuldig, wer gut und wer böse ist.
Regisseur Denis Villeneuve zeigt keine einfachen Antworten – nur moralische Grauzonen, die sich immer weiter ausdehnen. Diese Ambivalenz wird durch die Bildsprache radikal verstärkt. Die Welt ist in kalten, erdigen Farben getaucht: bleigrauer Himmel, regennasse Straßen, schmutzige Kellerlöcher und Neon-beleuchtete Polizeiräume.
Es gibt kaum Wärme, kaum Licht, kaum Hoffnung. Immer wieder ist das Motiv des Labyrinths zu finden. Einerseits innerhalb der Handlung als ein Hinweis auf den Ort, wo die Mädchen versteckt sein könnten, aber auch in der stilistischen Umsetzung. Die Charaktere bewegen sich in eingeengten Orten und scheinen eingesperrt, sowohl in ihrer Mentalität als auch ihren Handlungsmöglichkeiten. Die Grenzen der Moralität werden getestet – Wie weit kann man gehen, um die zu retten, die man liebt?
Baymax – riesiges Robowabohu – für den emotionalen Abend
Der junge Waise Hiro Hamada ist ein Robotik-Genie. Aber er nutzt sein Talent für illegale Roboterkämpfe und hat keine Lust sich weiterzubilden. Das ändert sich, als sein Bruder, Tadashi, ihn mitnimmt und ihm seine Universität zeigt. Dort trifft Hiro nicht nur auf die verschiedensten Projekte und die Freunde seines Bruders, sondern auch auf den Kopf des Forschungsprogramms. Als Tadashi ein paar Wochen später bei einem Feuer an der Uni stirbt, bricht Hiros Welt zusammen. In seiner Trauer verliert er jeglichen Kontakt zur Außenwelt. Bis er Baymax findet. Einen runden, sanften Pflege-Roboter, den sein Bruder Tadashi entwickelt hat. Baymax und Tadashis Freunde versuchen Hiro aus seiner Trauer zu helfen und entdecken, dass hinter dem Tod seines Bruders mehr steckt, als sie anfangs dachten. Sie geben alles, um das Mysterium zu lösen und zu verhindern, dass mehr Leute zu Schaden kommen.
Stilistisch ist Baymax ein Film voller Wärme und visueller Hybridität. Die Stadt, in der die Charaktere leben, pulsiert. Neonlichter spiegeln sich in Pfützen und die gesamte Architektur wirkt wie ein liebevoll gestaltetes Zukunftslabor. Die Actionsequenzen sind dynamisch, bunt und voller Variabilität. Auch die Charaktere selbst haben klare Wiedererkennungsmerkmale und sorgen für die farbenfrohe Natur des Films. Baymax ist mehr als nur ein Superheldenfilm. Es ist ein Werk über Trauerbewältigung, das Weiterleben nach einem Verlust und die Kraft, die darin liegt, die eigene Moral nicht zu verlieren. Stärke liegt nämlich nicht immer in dem stärksten Stoß. Stärke liegt ganz oft in der Fähigkeit zur Fürsorge und der Hilfsbereitschaft.
Rush Hour – Komedy, Action und wahre Freundschaft
Der Film zeichnet sich besonders durch sein Timing aus. Jackie Chan, der Schauspieler von Inspektor Lee, führt alle seine Stunts selbst aus. Chan nutzt alltägliche Gegenstände wie Stühle oder Gebäudefassaden als Waffen. Seine Kämpfe sind schnell, klar gefilmt und wirken natürlich. In diesem Film treffen zwei Männer aufeinander, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Inspektor Lee ist diszipliniert und in der Regel eher ruhig. Er ist außerdem ein Meister der Kampfkunst. LAPD-Cop James Carter ist lautstark, charmant und ein Genie, was das Chaos angeht. Als die Tochter eines chinesischen Diplomaten entführt wird, werden die beiden gezwungen zusammen zu arbeiten. Während die beiden den Fall lösen, müssen sie sich nicht nur miteinander anfreunden, sondern auch einsehen, dass sie zu zweit stärker sind als alleine. Was als Zwangspartnerschaft beginnt, entwickelt sich schnell zu einer tiefen Freundschaft.
Die Komik entsteht durch Körpersprache, Missgeschicke und perfektes Timing. Chris Tucker, der Schauspieler von James Carter, ergänzt das mit seinem schnellen Wortwitz und Kommentaren. So entsteht ein leichter, zugänglicher Mix aus Action und Humor. Das Design der Städte unterstützt die leichte Atmosphäre des Filmes. Sie sind keine düsteren Krimischauplätze, im Gegenteil, die Städte scheinen vor Leben zu pulsieren. Der Humor wirkt anfangs vielleicht grenzwertig, da die Charaktere an Stereotypen glauben und erst lernen, wie sie miteinander umgehen sollen. Aber genau deswegen ist es so bereichernd, mit anzusehen, wie Lee und Carter voneinander lernen und miteinander wachsen.
Scream – Warum man keine fremden Anrufe annehmen sollte
Sidney Prescott lebt kein einfaches Leben. Ihre Mutter wurde umgebracht und die Presse macht ein Media-Phänomen daraus. Ihre einzige Unterstützung sind ihr Freund und ihre Freundesgruppe. Und alles wird nur viel schlimmer als ein mysteriöser Mörder in ihrer Kleinstadt sein Übel treibt. Er trägt eine Geistermaske, nennt sich selbst „Ghostface“und ruft seine Opfer an, um sich über sie lustig zu machen, während er sie brutal ermordet. Seine ersten Opfer sind zwei Teenager. Die scheint er ohne wirkliches Motiv ermordet zu haben. Aber hat er es ganz klar auf Sidney abgesehen.
Scream spielt mit den Stereotypen des Horror-Genres. Der Film begibt sich nicht nur auf die Meta-Ebene, er macht sie zum eigenen Stilmittel. Die Figuren sprechen offen über Horrorfilm Stereotypen, wie zum Beispiel, die unschuldige Jungfrau und den Spruch „Ich bin gleich wieder zurück“ (Die meisten, die das sagen, sind eigentlich nie wieder zurück). Aber während der Film diese Stereotypen anerkennt, scheinen die Charaktere trotzdem immer wieder in diese Fallen zu tappen. Die Komik, die dadurch entsteht, wird aber schnell mit der brutalen und kaltherzigen Art, wie die Menschen getötet werden, gekontert. Das Interessante an dem Film ist auch, wie menschlich der Mörder ist. Er stolpert, fällt und wird teilweise von den anderen Figuren verprügelt und trotzdem bleibt er gruselig. Trotz fehlender besonderer Fähigkeiten ist er durch Skrupellosigkeit und Hartnäckigkeit eine ernsthafte Bedrohung und verbreitet Angst sowie Gewalt.
Eternal Sunshine of the Spotless Mind – Liebe überschreitet selbst die Grenzen der Erinnerung
In einer Welt, in der es möglich ist, jegliche Erinnerung an eine Person zu löschen, kann es besonders schwer sein, aneinander festzuhalten. Eternal Sunshine of the Spotless Mind beginnt mit einem scheinbar zufälligen Aufeinandertreffen der zwei Charaktere Joel und Clementine. Die beiden spüren eine direkte Verbindung zueinander und ein Zeitsprung erklärt direkt warum. Sie kannten sich nämlich früher, sie waren sogar ein Paar. Aber Clementine hat alle Erinnerungen an Joel löschen lassen. Und als er das erfuhr, entschließt er sich dasselbe zu tun. Da beginnt der eigentliche Inhalt des Films. Denn nun werden Joels Erinnerungen von Clementine Stück für Stück gezeigt, aber rückwärts, also von der Trennung bis hin zum ersten Treffen. Doch als der Prozess beginnt und er nochmal durch jede Erinnerung mit ihr gehen muss, merkt er, dass er sie nicht verlieren will. Joel versucht inzwischen verzweifelt an seiner Erinnerung festzuhalten. Dafür versucht er Clementine in seinen Erinnerungen vor der zerstörerischen Kraft zu verstecken.
Stilistisch ist der Film einzigartig. Regisseur Michel Gondry verzichtet fast vollständig auf CGI und erzeugt seine surrealen Bilder mit handgemachten Tricks direkt am Set: Räume kollabieren, Gesichter verschwinden, Lichter erlöschen und Erinnerungen zerfallen wortwörtlich um Joel herum. Die Reise durch Joels Geist wirkt nicht, als hätte es technische Ursprünge, sondern eher wie Einblicke in skurrile Träume. Wenn der Film die Perspektive dann mal zu den Wissenschaftler: innen, die Joels Erinnerungen löschen, wechselt, entsteht ein starker Kontrast zur Traumlogik der Erinnerungen. Der Film folgt vielen verschiedenen Motiven: Sei es die unsichtbare Naht, die Joel und Clementine immer wieder zueinander finden lassen scheint oder die verschiedenen Ebenen, in denen die Figuren existieren. Nichts ist wirklich simpel und alles scheint einen tieferen Hintergrund zu haben. Selbst Details wie Clementines Haarfarbe, die immer zu wechseln scheint, geben Hinweise darauf, was die Charaktere fühlen und in welcher Lage sie sich befinden. Am Ende bleibt ein Film, der zeigt, dass Erinnerungen immer ihre Spuren hinterlassen, selbst wenn man sie zu vergessen scheint.
Redigat: mf
