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Kultur

Margarete Stokowskis Buch „Untenrum Frei“ wird vor einem Bücherregal in die Luft gehalten. Das Cover des Buches ist grau mit einem orangenem Kreuz.
Mit „Untenrum Frei“ schaffte die Autorin es auf die SPIEGEL-Bestsellerliste (Foto: Laura Stitz)

„Untenrum frei“ : Der Feminismus von heute

Ein Beitrag von Laura Stitz

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Es hat sich viel getan in den letzten Jahrzehnten. Frauen dürfen studieren, sie dürfen entscheiden, ob sie arbeiten wollen und Elternzeit ist nichts mehr, das nur noch Frauen vorbehalten ist. Die Frauenquote wurde eingeführt, #Metoo erblickte die Welt und immer öfters hört man von „toxischer Männlichkeit“.
 

„Toxische Männlichkeit“

Der Begriff drückt nicht aus, dass Männer als Menschen schädlich oder toxisch sind. „Toxische Männlichkeit“ bezieht sich auf bestimmte Verhaltensweisen, die von der Gesellschaft erwartet werden und vermeintliche Männlichkeit ausdrücken sollen. Diese Verhaltensweisen werden als toxisch bezeichnet und können Männern an ihrer freien Entfaltung hindern.

Der Begriff wird vor allem in der „Feminismus – Bubble“ verwendet.
 

Margarete Stokowskis Art dem „feministisch seins“

In Ihrem Buch „Untenrum Frei“ schreibt Margarete Stokowski über den Feminismus der heutigen Zeit, wie es sich durch die Jahre hinweg angefühlt hat Feministin zu sein und wie unangenehm es ihr war sich selbst als solche zu betiteln. Sie teilt ihre Erfahrungen und lässt die Leser:innen an den Geschichten ihrer Freund:innen und Umgebung teilhaben, stützt sich auf empirische Ergebnisse und nutzt das Wissen ihrer Vorreiter:innen. Alles mit einer spitzen Zunge, viel Elan und einer großen Portion Humor. Ohne dabei jedoch den Ernst aus den Augen zu verlieren und das Wichtigste nicht zu vergessen: die Wut.


„Aber Wut ist nicht dasselbe wie Hass. Hass will Zerstörung, Wut will Veränderung. Hass ist destruktiv, Wut ist produktiv“ 
- Margarete Stokowski

 

Die Autorin

Margarete Stokowski wurde 1986 in Polen geboren, studierte Philosophie und Sozialwissenschaften und arbeitet unter anderem für den Spiegel.

„Untenrum frei“ erschien 2016 beim Rowohlt Taschenbuch Verlag und ist mittlerweile ein Spiegel-Bestseller.

Kosten: 12,00 Euro

Wo: Gut sortierte Bibliotheken, Buchhandlungen und online

 

 

„Untenrum“ und „Obenrum“

Stokowski gliedert ihr Buch in sieben Kapitel und legt ihren Fokus in jedem auf etwas anderes. Der rote Faden, der sich durch ihr Werk zieht, ist der Bezug zum weiblichen Körper. Auf 252 Seiten erörtert sie, dass alle Menschen, insbesondere Frauen, denken, sie seien frei, obwohl sie es in Wirklichkeit nicht sind. Die Autorin erklärt den Leser:innen, dass sie immer noch in den Fesseln der Gesellschaft gefangen sind und sich Rollenbilder zu eigen gemacht haben, ohne es zu merken.

Die 36-Jährige führt die Begriffe „Untenrum“ und „Obenrum“ ein, also die Verbindung zwischen unserem Körper, unserer Sexualität und unserem Geschlecht und wie dies unser Denken und Handeln in der Gesellschaft beeinflusst. Aus dieser Annahme wird auch Margarete Stokowskis Hauptaussage geboren. Sie vertritt die Ansicht, dass die Menschen, vor allem aber die Frauen, niemals wirklich frei sein, frei handeln und frei entscheiden können werden, solange sich die seit Jahrtausenden etablierten Rollenbilder in unseren Schlafzimmern und in unserer Sexualität hinter verborgenen Türen weiter ausbreiten können.


„Während wir glauben, wir – oder die Generation vor uns - hätten die Fesseln des Patriarchats längst gesprengt, haben wir nur gelernt, in ihnen shoppen zu gehen“ 
- Margarete Stokowski

Feminismus? Nur für Frauen?

Es stellt sich die Frage, warum ausgerechnet dieses Buch? Warum hat es Stokowkis Buch auf die Spiegel-Bestsellerliste geschafft? Was war es, das die Leser:innen fesselte? Im ersten Moment könnte man meinen, dass in dem Buch vieles gesagt wird, was schon gesagt wurde. Viele der Themen in der „feministischen Bubble" wurden bereits durchgekaut und sind bereits in der Öffentlichkeit angekommen. Doch warum ist Stokowskis Buch dann so lesenswert?

Eine Grund dafür könnte sein, dass die Autorin es schafft kein Bild des bösen „Mannes“ zu zeichnen. Im Gegenteil: Die Kolumnistin beschreibt den „Mann“ als ein Produkt der Gesellschaft, dass auch nur nach jenen Mustern handelt, die ihm von der Gesellschaft auferlegt wurden. Es steht außer Frage, dass Männer immer noch von den gesellschaftlichen Strukturen profitieren. Trotzdem betont Margarete Stokowski, dass der Feminismus kein alleiniger Kampf der Frauen ist, sondern vielmehr ein Kampf aller Menschen, da wir alle betroffen sind. Genau das ist das Geheimnis Stokowskis. Ihre Betonung, dass es nicht darum geht die „Frau“ über den „Mann“ zu stellen, sondern dass Frauen die Stufe erreichen wollen, auf der Männer schon so lange stehen. Sie betont zudem, dass Männer von ihren eigenen Rollenbildern befreit werden müssen.


„…während es den Mädchen einigermaßen offen steht, ein Kleid zu tragen und gleichzeitig Piratin zu sein, werden Jungs im Kleid ausgelacht. Frauen können sich mit Absätzen größer machen, Männer mit hohen Absätzen werden schnell albern gefunden“ 
Margarete Stokowski 

 

Stokowskis Feminismus vereint

Die Autorin bringt die Leser:inenn dazu, sich selbst zu hinterfragen und die eigenen Handlungsmuster zu überdenken - und genau deshalb ist das Buch eine klare Empfehlung. Den Leser:innen wird gezeigt, was es noch zu tun gilt und, dass die vermeintlich geschlechterneutrale Welt in der wir zu leben scheinen, nur eine Illusion ist. All das ohne einem das Gefühl der Hoffnungslosigkeit zu geben, sondern den Kampfgeist der Leser:innen zu wecken und ein Gefühl der Einigkeit zu schaffen. Stokowkis Feminismus treibt keinen Keil zwischen die „Männer-“ und „Frauenwelt“, sondern versucht alle zu einem gemeinsamen Kampf gegen unsere eigenen Muster zu animieren.