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Kultur

Redaktion:
Man sieht das Ensemble des Mensa-Musicals bei einer Tanzeinlage
Das Ensemble des Musicals (Foto: Maylea Zora Selisch)

Ein Musical über Eintopf und Politik

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Auf einer kleinen Bühne stehen ein paar Tische, Stühle und eine Kasse bereit. Es ist eine simple Kulisse, die an den klassischen Aufbau einer Mensa erinnert. An der Kasse sitzt bereits der sogenannte „Mensa-Meister“ des Stücks und wartet auf Kundschaft. Sieben Darsteller:innen betreten unter den gespannten Blicken des Publikums die Bühne. Mit Tablett in der Hand bezahlen sie den allseits bekannten Eintopf und setzen sich an die Tische, um zu essen und zu quatschen. So wie es bei einem Mensa-Besuch eben gemacht wird. Doch schnell stellt sich heraus: Es geht um einiges mehr als nur um die Mensa und das Essen.

Singen, Tanzen und Philosophieren

Was mit Smalltalk in der kahlen Mensa-Kulisse beginnt, entwickelt sich rasch zu einer bunten, von Vielfalt und Ausdruck geprägten Vorstellung. Die Hauptcharaktere Jaden, Mona, David und Miron beginnen über den Schüsselrand des Eintopfs hinweg von ihren Problemen, Träumen und Hoffnungen zu sprechen. Jaden träumt von einer Welt, in der ausschließlich Frauen regieren; einer „Woman’s World“. Sie steht auf, stimmt das Lied an und ihre Freund:innen steigen sogleich mit ein. Auch die anderen drei Mensa-Gäste, die vorerst im Hintergrund an separaten Tischen saßen, treten nun in den Vordergrund und unterstützen tatkräftig beim Singen und Tanzen. Jadens Traum wirkt durch den ausdrucksstarken Song und der abwechslungsreichen Choreo greifbar nah und hüllt das Publikum in die warme Vorstellung einer feministischen Utopie.
Ist die Performance vorbei, widmen sich alle wieder ihrem Essen und der Alltäglichkeit. So entsteht Raum für neue Geschichten und ein Kreislauf von Singen, Tanzen und Philosophieren beginnt. David träumt von einer Gesellschaft, in der jede Person alle Möglichkeiten offenstehen und singt vom bedingungslosen Grundeinkommen. Miron träumt von einer Welt, in der Krieg der Vergangenheit angehört und überall Frieden herrscht. Er selbst musste vor dem Ukraine-Krieg flüchten und transportiert seine Gefühle in dem mitreißenden Song „Nie wieder Krieg“. Mona träumt von ihrer Heimat und versucht, sich ihr wieder näher zu fühlen, indem sie von ihr singt.
Es entstehen Diskussionen, verbindende Momente und bewegende Emotionen. Das Stück spielt mit dem Kontrast von laut und leise und berührt durch die tiefgründigen Themen und professionellen Ausdrucksformen. Das Musical endet damit, dass die Freund:innen vom Mensa-Meister hinausgeschmissen werden. Für heute hat es sich erst einmal ausgeträumt.

Wer steckt dahinter?

Die treibenden Kräfte hinter dem Ganzen sind Isabelle Petzold, Helene Baaden und Julius Fischer. Sie studieren im vierten Semester Medien- und Kulturwissenschaft an der HHU. Das Musical ist im Rahmen ihrer Projektarbeit entstanden, die sie im Laufe ihres Studiums absolvieren müssen. Alle drei haben zum ersten Mal ein Musical realisiert. Ihre Vorerfahrungen im Tanz- und Musikbereich waren ihnen dabei behilflich. Vor ungefähr einem Jahr haben sie begonnen, das Skript zu schreiben. Danach folgte das Komponieren der Musik und das Arbeiten an den Tanzchoreos.

Im Juni 2025 war die Premiere. Ende September folgten zwei weiteren Shows. Unterstützung von anderen bekamen sie nur wenig. „Wir waren wirklich nur zu dritt. Wir haben uns jede Woche getroffen und ab einem bestimmten Zeitpunkt jeden Tag daran gearbeitet", sagt Isabelle. Ausschließlich die Musik wurde von befreundeten Musiker:innen realisiert und die Projektarbeit von Professorin Maren Butte unterstützt. Finanziert wurde das Ganze durch eine Förderung des Studierendenparlaments der HHU und durch die Ticketeinnahmen.
Das Ensemble besteht insgesamt aus acht Personen. Isabelle spielt die aktivistische Jaden und Julius den liebenswerten David. Helene schlüpfte in der Premiere noch in die Rolle der fröhlichen Mona und wurde in den nächsten beiden Vorstellungen von Hannah Haubold vertreten. Beim Schreiben haben sie darauf geachtet, dass die Rollen gut zu ihnen passen. Sie sind stolz, so ein großes und professionelles Projekt auf die Beine gestellt zu haben.

Die Mensa als Raum für Ideen

Ein alltägliches Mittagessen in der Mensa brachte die drei Freunde auf die Idee. Wie sollte es auch anders sein. „Wir saßen eines Tages in der Mensa und haben einfach nur gegessen und dann war Julius so: wollen wir vielleicht ein Musical schreiben?“, beschreibt Isabelle den Moment, der den Grundstein setzte. Schnell waren sie sich einig, dass das Musical von der Mensa handeln sollte. Für ihre Freundesgruppe ist sie ein wichtiger Ort, um zwischen dem Stress der Vorlesungen zu Ruhe zu kommen. „Es geht um die Mensa als Ort, an dem man sich austauschen kann, wo man einander auch mal zuhört, und irgendwie gibt es in unserer Gesellschaft inzwischen so wenige Orte, an denen man wirklich zusammenkommt“, sagt Julius. Das Stück soll laut ihm vor allem aufzeigen, dass sich verschiedene Ansichten und Utopien miteinander vereinen lassen und dass man durch genaues Zuhören auf etwas hinarbeiten kann, was letztendlich alle Wünsche gleichermaßen erfüllt.
Die Themen, die im Musical angesprochen werden, wie zum Beispiel Krieg, Diskriminierung oder Armut, sind Themen, die die Freundesgruppe häufig beschäftigen. Sie möchten auf sie aufmerksam machen und zeigen, dass Austausch und Empathie essenziell dafür sind, eine gute Zukunft gestalten zu können. Vorerst werden keine weiteren Aufführungen stattfinden, aber ausschließen tun sie es nicht. Das Projekt zeigt eindeutig: In der Mensa entstehen nun mal die besten Ideen.

Redigat: jw