brandneu auf der [97.1]

Kaum eine deutschsprachige Band ist so bekannt für Stil- und Charakterwechsel wie Bilderbuch aus Österreich. Dabei ist das gerade erschienene "Gelb ist das Feld" bereits ihr siebtes Studioalbum. In dem geht es vor allem um die Liebe in den unterschiedlichsten Variationen und Facetten. Da macht auch "Dates" keine Ausnahme. Denn in dem Song geht es um das "süße Girl" das "unten am Ende der Straße lebt", und damit um eine kleine Liebesgeschichte zu einer Unbekannten. Musikalisch ist der Song so weich und gitarrenlastig, wie man es auf "Gelb ist das Feld" öfter zu hören bekommt. Das ist keine Enttäuschung, sondern einfach wieder nur einer der Richtungswechsel, die Bilderbuch zu einer der interessantesten Bands der letzten zehn Jahre machen.

Na, wer von euch durfte/musste bereits zu einem Klassentreffen? Irgendwie ein komisches Gefühl, wenn man sich nach all der Zeit irgendwann wieder trifft und dann alles auf Schön-Wetter eingestellt ist. Die Berliner Sängerin und Producerin Novaa kennt das Gefühl auch. In ihrem neuen Song "School Friends" geht es nämlich genau um so ein Wiedersehen. Und wenn wir uns den Text angucken, freut sie sich nicht so wirklich darüber. Sie singt, dass sie sich wieder wie ein Kind fühle, obwohl sie eine erwachsene Frau sei. Und das kommt nicht von ungefähr: Novaa sagt selbst nämlich, dass sie nicht die besten Erinnerungen an ihre Schulzeit habe und sie sich oft wie eine Ausgestoßene gefühlt habe. "School Friends" mache es ihr aber durch die lustige Art etwas leichter, damit Frieden zu finden.

"Memento Mori" - "Bedenke deinen Tod". Ein Motto, das schon seit hunderten von Jahren große Beliebtheit hat, aber auch heute immer wieder auftaucht. Auch im neuen Song von Bridie Monds-Watson alias Soak erfährt dieses Motto zumindest gedanklich ein Revival. Denn in "Purgatory" geht es laut Bridie um die stetige Angst, am Ende des Lebens zu stehen und nichts daraus gemacht zu haben. Hintergrund dessen sei, dass Bridie eine Phase gehabt habe, die durch Angst geprägt war. Bridie war kein Fan von sich selbst und wollte sich verändern. Stilistisch hört man das auch: "Purgatory" klingt wie zuletzt bereits "Last July" deutlich rockiger und lauter als die bisherigen Alben. Mehr hören wir am 20. Mai - dann kommt nämlich das Album "If I Never Know You Like This Again".

Für viele ist Mathematik der Endgegner, Endboss. Für manch andere aber auch Endstufe, wie ein gewisser Robert Geiss sagen würde. Wie der kanadische Rapper Bbno$ (sprich: Baby No Money) zu binomischen Formeln, Kurvendiskussion und Integralrechnung steht, wissen wir zwar nicht, aber dafür, dass er die Formel zum Erfolg gefunden hat! Denn spätestens seit seinem Track "Edamame" (bekannt aus dem hochschulradio-Programm) ist Bbno$ ein Rising Star. Durch Tiktok ist der Song richtig abgehoben und hat mittlerweile weltweit über 200 Millionen Streams auf Spotify erreicht. In "Mathematics" soll diese Rechnung weiter aufgehen; neben lässigen Flows auch mit lustigen, selbstironischen Videos. Denn im Video zu "Mathematics" rappt Bbno$ zum Beispiel zusammen mit Clowns, Hühnern oder einer Senior:innen-Wassergymnastikgruppe.

Niederländische Summertime Sadness – so könnte man den Song "Startschot" aus der aktuellen EP "Blauwe Regen" von Eefje De Visser betiteln. Es ist eine sehnsüchtige, melancholische Electro-Nummer mit Lyrics über den herannahenden Sommer und hingebungsvolle Liebe. Zusätzlich taucht der Retrofilter im Musikvideo die niederländische Künstlerin zusammen mit Blumen in ein warmes Licht. Während Eefje De Visser in ihrem Heimatland mit diesem Stil bereits einen festen Platz in der Musikszene einnehmen konnte, ist sie hier bei uns bisher noch als Newcomerin unterwegs, in den letzten Jahren zum Beispiel als Support Act für die belgische Indieband Balthazar.

Noch nicht ganz in Jahr ist es her, dass Rhian Teasdale und Hester Chamber angefangen haben, als Wet Leg gemeinsam Musik zu veröffentlichen. Anfang April haben sie jetzt ihr Debütalbum herausgebracht und es kurzerhand einfach auch "Wet Leg" genannt. Kurz vor dem Album-Release haben die beiden noch den Song "Ur Mum" als Single veröffentlicht. Die Zeile "When I think about what you've become / I feel sorry for your mum", mit der Wet Leg den Song eröffnen, macht ziemlich klar: Es handelt sich hier um einen Diss-Track. Laut Wet Leg sei der gegen den Exfreund von Rhian gerichtet. Den zu schreiben, habe ihr einfach gut getan, so Teasdale.

Courting kommen aus Liverpool. Sie haben erst im letzten Jahr ihre EP "Grand National" veröffentlicht. Die scheint den Chefs von [PIAS] gefallen zu haben, denn das Label hat die Band erst vor kurzem unter Vertrag genommen. Mit dem Plattendeal kommt auch Unterstützung. Der neuste Song "Tennis" wurde nämlich von James Dring produziert, der zuvor mit Künstler:innen wie Blur oder Gorillaz zusammengearbeitet hat. "Tennis" ist bereits der dritte Song von Courting, der irgendwas mit Sport zu tun hat. Und das ist volle Absicht. Sie schreiben: "We named the song 'Tennis' as a logical (but unrelated) sequel to our two previously released sports-related songs. To us, this felt like a natural ending to that idea." Inhaltlich geht es um Liebe: "'Tennis' is a paypig's personal redemption narrative, set in 'the city', and told in two parts. A twisted tale of two lovers' back and forth, bound by cricket, bodybuilding, and money."

Für Electropop mit ein paar dunklen Untertönen sorgt in dieser Woche nicht nur Eefje De Visser in unserer Playlist. Auch die amerikanische Band Poliça, die allerdings schon länger für diese Art von Klang bekannt ist, hat mit "Alive" so einen Electro-Song veröffentlicht. Neben der Klangatmosphäre widmet sich der Text von "Alive" ebenfalls düsteren Themen, zum Beispiel Fragen von Leben und Tod. Sängerin Channy Leaneagh umschreibt die Dunkelheit in "Alive" näher: "Bad things happen, the fire goes out; even with the best flammables it stays dark until nothing matters becomes the fire itself." Der Titel des kommenden sechsten Poliça-Albums "Madness" lässt vermuten, dass auch weitere neue Songs der Band sich in diesem Themenbereich bewegen werden.

Musiker:innen außer Kontrolle – über Kontrollverlust gibt es in der Popmusikgeschichte bereits einige Songs, man denke nur an Joy Divisions "She’s Lost Control" oder die Zeile "I wanna have control" aus Radioheads "Creep". Die Indiepop-Single "I Don’t Have Control Sometimes" von Sunflower Bean scheint das fortzusetzen. In den Lyrics geht es um Missgeschicke und Missverständnisse, die das Leben unkontrollierbar machen können und mit denen auch der Protagonist im Musikvideo zum Song zu kämpfen hat. An einem Ereignis können Sunflower Bean und Musikfans aber trotz der Ungewissheiten im Leben festhalten: Am 6. Mai erscheint das neue Album der Amerikaner:innen "Headful Of Sugar".