
Edgar Allan Poe – Die Revolution des Horrors
Der US-amerikanische Autor Edgar Allan Poe, der im 19. Jahrhundert lebte und wirkte, prägte das Genre des Horrors maßgeblich. Sein Vermächtnis zeigt sich auch heute noch. Er beeinflusste diverse Schriftsteller:innen im Laufe der Zeit. Bedeutsame Literaten wie Arthur Conan Doyle, der den Detektiv Sherlock Holmes kreierte, sprachen ihm ihre Bewunderung aus und gaben an, sich an seinen Werken orientiert zu haben. Poes Gedichte und Kurzgeschichten setzen sich mit den Tiefen der menschlichen Psyche auseinander, deren Aufarbeitung in symbolischer Form vollzogen wird. Er gilt somit als Vorreiter des Symbolismus und der literarischen Gattung der Kurzgeschichte.
Leben und Werdegang
Edgar Allan Poe, geboren im Jahre 1809, wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf. Seine Mutter starb früh, das Verhältnis zu seinem Vater war distanziert und daraufhin begann er zu schreiben. Zunächst widmete er sich der Poesie, indem er 1827 „Tamerlane and Other Poems“, seine erste Gedichtsammlung, veröffentlichte. Ab 1832 wandte er sich ebenfalls dem Schreiben von Kurzgeschichten zu. Seine finanzielle Lage hatte sich in den letzten Jahren drastisch verschlechtert, jedoch gewann er mit seiner Kurzgeschichte „MS. Found in a Bottle“ ein Preisausschreiben, was ihm etwas Geld und Anerkennung verschaffte. Die Handlung umfasst, wie der Erzähler während eines Sturms auf ein Geisterschiff gerät und anschließend in die Tiefen eines Strudels gezogen wird. Die Atmosphäre ist düster, die Geister werden auf morbide Art und Weise beschrieben und eine Ungewissheit darüber, wie die Geschichte enden wird, zieht sich durch den gesamten Erzählvorgang. Mit „The Narrative of Arthur Gordon Pym“ veröffentlichte Poe 1838 seinen einzigen Roman und erschuf im Jahre 1841 außerdem die erste Detektivfigur der Weltliteratur namens C. Auguste Dupin. Vor Poe hatte niemand eine Kriminalgeschichte in dieser Form veröffentlicht und damit derart große Aufmerksamkeit erzielen können.

Der erste Detektiv der Weltliteratur
C. Auguste Dupin tauchte zum ersten Mal in der kurzen Erzählung „The Murders in the Rue Morgue“ auf, in welcher ein mysteriöser und brutaler Doppelmord in Paris durch den Amateurdetektiv aufgeklärt wird. Der Erzähler der Geschichte ist ein guter Freund Dupins, was Parallelen zu späteren Detektivduos wie Sherlock Holmes und Dr. Watson birgt. Dupin legt eine analytische und pragmatische Denkweise an den Tag, die nicht von Emotionen, sondern von reiner Logik gesteuert wird. Er zerlegt den Tathergang in seine Einzelteile, um ihn später genau rekonstruieren zu können. Jene Vorgehensweise ist auch heutzutage in Krimis nicht unüblich. Die Figur des unnahbaren, exzentrischen, aber hochintelligenten Ermittlers wird gerne und häufig verwendet, was oft im Kontrast zur Grausamkeit mancher Taten steht. „Die Wahrheit liegt nicht in den tiefen Tälern, wo wir sie suchen, sie liegt auf der Höhe der Berge, wo wir sie finden“, formulierte Dupin in „The Murders in the Rue Morgue“, was die Hingabe und Akribie des Detektivs, den Poe geschaffen hat, unter Beweis stellt.

Konflikte und psychische Probleme
Neben all den bemerkenswerten Kreationen und seinem einzigartigen Werdegang hatte der Schriftsteller allerdings mit schweren Depressionen und einem Alkohol- und Drogenproblem zu kämpfen. Seine psychischen Probleme, ein nachvollziehbares Resultat seiner konfliktgeprägten Kindheit, zeigten sich in seinen Werken und determinierten seinen exzessiven Konsum. Zwar erlangte Poe vor allem nach seinem Tod große Bekanntheit, davon konnte zu seinen Lebzeiten jedoch noch keine Rede sein. Seine Exzesse lagen auch in seiner finanziellen Lage und allgemeinen Unzufriedenheit mit seiner Lebenssituation begründet. Auch die Hochzeit mit seiner 13-jährigen Cousine Virginia im Jahre 1836 ist umstritten. Zu jener Zeit war dies zwar keine Seltenheit, ist aus heutiger Sicht jedoch kritisch zu hinterfragen. Virginia starb 1847, woraufhin Poe sich in seinen Konsum flüchtete, aber dennoch neue Geschichten wie „Hop Frog“ und „The Cask of Amontillado“, zwei seiner düstersten Werke, erschuf. Im Folgejahr ging er eine weitere Liebesbeziehung ein, die zwar zu einer Verlobung führte, jedoch in einer Trennung endete, woraufhin Poe erfolglos versuchte, sein Leben durch eine Überdosis Laudanum, einer flüssigen Version Opiums, zu beenden. Im Jahre 1849 starb Edgar Allan Poe. Um seinen Tod ranken sich viele Spekulationen, da die Ursache nicht genau dokumentiert worden ist. Ob es nun eine Krankheit war, der er zum Opfer gefallen ist, oder ob er seinem Leben selbst ein Ende gesetzt hat, bleibt ungewiss.
Einflüsse auf die Literatur
Poes Biografie ist von Schicksalsschlägen und mentalen Problemen geprägt, jedoch ist das, was er geleistet hat, in vielerlei Hinsicht beachtlich. Vor allem in Europa wirkten seine Werke ausdrücklich. Durch bekannte Autoren wie Fjodor Dostojewski und Jules Verne, die Poes Schriften öffentlich würdigten, wurde das befeuert. Mit dem Erschaffen C. Auguste Dupins wurde zudem der erste Detektiv der Weltliteratur ins Leben gerufen, was auch Arthur Conan Doyles Figur des Sherlock Holmes den Weg ebnete. Aus heutiger Perspektive wird deutlich, dass Poe literarisch und gesellschaftlich Außergewöhnliches geschaffen hat. Der Horror, das Fantastische hat die Menschen schon immer bewegt und erschaudern lassen. Was jedoch zuvor tabuisiert worden ist, jene Faszination mit den Abgründen der menschlichen Psyche und dem menschlichen Wahnsinn, hat durch die Literatur und besonders durch Vorreiter wie Poe eine Bühne erhalten. Seine Gedichte und Kurzgeschichten, die die damaligen Konventionen gebrochen und somit die Literatur revolutioniert haben, erfreuen sich auch heute, zwei Jahrhunderte später, noch großer Bekanntheit und werden vielseitig neu interpretiert. Der Horror, den wir heute kennen, hat seinen Ursprung im Schaffen von Literaten wie Poe, die sich mit ihren Texten abseits der gesellschaftlichen Norm bewegten und offen betonten, dass auch der Mensch grausam handeln kann.
„Erstaunlich, dass der Mensch nur hinter seiner Maske ganz er selbst ist“
Diesen Satz formulierte Poe so treffend.
Redigat: mf
